Hallo erstmal – ich bin Sonja und blogge normalerweise auf Padermama.de über das Überleben im Alltag mit vier Kindern. Ich freue mich sehr hier als Gastbloggerin dabei zu sein und berichte ein wenig von unseren ersten Kindergarten-Erfahrungen, die deshalb so doof waren, weil eine fast militante Eltern-Fraktion sich zu einem Mob formierte
.Ja, es gibt schlimme Kindergarten-Geschichten. Die klassische beginnt mit der Suche nach einem Kindergartenplatz. Andere erzählen von Fehlverhalten seitens Erzieherinnen und von schlechtem Essen. In meiner Geschichte erzähle ich, wie sich eine unheilige, stillschweigende Allianz aus Eltern und Erzieherinnen formierte um eine Kindergartenleiterin loszuwerden, deren einziges Verbrechen es war eine neue Frühstücksordnung einzuführen.Als meine beiden ersten Kinder klein waren und wir uns nach einer Kita umsahen,war uns schnell klar: In unserer damaligen Umgebung hatten wir keine große Auswahl. Als die Zusage für den Kindergartenplatz kam, waren wir heilfroh – für mich war das damals die Voraussetzung dafür, dass ich mir einen Job suchen konnte, den ich andersrum brauchte um die Betreuungskosten zu finanzieren. Tatsächlich hielten sich mein Netto-Einkommen und die Gebühren + Sprit zur Arbeit die Waage. (Aber das ist eine andere Geschichte.)
Der Kindergarten, in dem wir unsere Tochter mit knapp 3 Jahren unterbringen konnten, war lange ohne Leitung gewesen. Die alte Leitung war nach einer Langzeitkrankheit ausgeschieden, die Neue fing gerade an. Sie hielt sich sehr in ihrem Büro versteckt, was ich schade und auch etwas befremdlich fand. Ein Aushang auf dem Flur pries ihre pädagogischen Auszeichnungen und Zertifikate, aber sie selbst bekam man nie zu Gesicht. Das war wahrscheinlich der erste einerReihe von Fehlern.
Irgendwann später bekam ich mehr zufällig die Gelegenheit sie in einem Gespräch näher kennen zu lernen und fand ich sie toll. Sie hatte allerdings einen vollen Schreibtisch, und – wie sich herausstellen sollte – eine miese Bande an Stammpersonal geerbt, dass sie leider an dem sparte, das sie später den Job kosten würde: Kommunikation mit Eltern.Leider fanden ihre Mitarbeiterinnen und viele Eltern sie nicht toll. Sie alle trauerten der langzeitkranken Vorgängerin hinterher, über die sich Gerüchte von Burn Out hartnäckig hielten. Ja, sie hat Neuerungen sehr unglücklich über Zettel und Aushänge kommuniziert. Und viele Eltern haben das leider zum Anlass genommen und eine regelrechte Hexenjagd veranstaltet.Was war genau geschehen? Bisher gab es in dem Kindergarten eine feste Frühstückszeit: 9:30h. Eine neue Mitarbeiterin hat in Absprache mit der neuen Leitung ein neues Frühstückssystem eingeführt, denn viele Kinder wurden bereitsum 7:30h gebracht und mussten dann zwei Stunden aufs Frühstück warten.
Außerdem hatten die Erzieherinnen dann die Aufgabe 30 Kinder (!) beim gemeinsamen Frühstück zu beaufsichtigen.Also haben sie in einer Nacht-und-Nebel-Aktion das Gleit-Frühstück eingeführt: Jedes Kind konnte fortan selbst entscheiden, wann es isst. Die Mitarbeiterin kannte das aus ihrem alten Kindergarten, und das Konzept war deutschlandweit bereits erprobt.
Was war daran nun falsch? Die Kommunikation.
Es hing nur ein Info-Zettel da. „Ab heute machen wir das so…“Ich habe damals die Änderung begrüßt. Meine Tochter war nämlich um 8:00h da und hatte zuhause nur einen Kakao getrunken. In den fünf Minuten Zeit zum Abgeben hab ich den Zettel durchgelesen, fand die Neuerung klasse und bin zur Arbeit.Bis Ende der Woche gab es den ersten Aufstand der Mit-Eltern. Ich blieb mit zwei weiteren Müttern die Einzige, die das System gut fand.Wenn ich mir jetzt im Nachhinein diese Situation wieder ins Gedächtnis rufe, muss ich den Kopf schütteln: Es war lächerlich! Man müsste sagen: Der reinste Kindergarten! Ups!
Ich muss dazu sagen, damit du dir ein besseres Bild machen kannst: Wir lebten damals in einem sehr teuren Ort – Häuser (selbst alte, renovierungsbedürftige) kosteten so um die halbe bis dreiviertel Million Euro. Die meisten Familien waren Erben großer Grundstücke und Landsitze in dritter oder vierter Generation. Typische Berufe waren Anwalt, Unternehmer, Immobilienmakler, Unternehmensberater oder Ingenieur bei Airbus. Es gab nur weiße, reiche Kinder in dem Kindergarten. Eins weigerte sich einmal etwas aufzuheben mit den Worten „Bei uns macht das die Putzfrau.“Die alteingesessenen Erzieherinnen taten ihr Bestes um die Stimmung anzuheizen. Inzwischen wurde jede Neuerung, jeder Vorstoß in moderne Pädagogik und bessere Organisation geblockt. Als sie ihr Ziel damit nichterreichten, wurden zwei Erzieherinnen langzeitkrank. (Später, nachdem sie die Leiterin rausgemobbt hatten, waren sie oh Wunder wieder gesund. Und zwischendurch wurden sie beim Salsatanzen gesehen.)
Das war der Anfang vom Ende. Die Leiterin des Kindergartens hatte nun täglich Sprechstunde und Fusseln am Mund. Ich erinnere mich an sinnlose Diskussionen mit uneinsichtigen Eltern auf dem Flur. Menschen, die einfach jemand doof finden und weg haben wollen. So läuft Mobbing in Deutschland. Es kamen viele Zeitarbeitserzieherinnen. Einige waren gut, bis sie übernommen wurden. Dann wurden sie krank. Leider ist das nur eine Facette des Ganzen, denn was geschieht, wenn ein Team nicht funktioniert? Am Ende baden es die Kinder aus.
Eine befreundete Mutter von mir, damals schwanger mit Komplikationen, kämpfte mit ihrem Sohn, der mitten in einer Rebellenphase war – ein kleiner Junge von vier Jahren mit dem Körperbau eines kräftigen Sechsjährigen. Er galt als „schwierig“, er pullerte ein (und weil er so groß für sein Alter war, wurde ihm das zum Verhängnis), er war stur und er war wild. Bald hieß es, er habe ADHS – eine Krankheit, deren Existenz seine Mutter und ich stark in Zweifel ziehen. Im Kindergarten wurden sie mit ihm nicht fertig, und ich durfte trauriger Weise beobachten, wie schlecht es laufen kann, wenn ein Kindergarten NICHT funktioniert.
Wir sind weggezogen. Nicht wegen dieses Dramas, aber ich war froh, dass wir diesen Kindergarten hinter uns lassen konnten, für den wir monatlich für zwei Kinder auch noch 700€ bezahlt haben!
Als ich unseren neuen Kindergarten, den inzwischen alle meine vier Kinder gerne besuchen, kennenlernte, erkannte ich erst, wie krank der alte war. Hier herrscht eine offene Atmosphäre. Natürlich gibt es das Gleit-Frühstück! Die Kinder dürfen sich gegenseitig in den Gruppen besuchen. Es gibt genug Nebenräume mit Spielmöglichkeiten (Ruheraum, Schaukelraum, Bällebad), und jeder Gruppenraumverfügt über einen eigenen Spiel-Nebenraum. Das Team setzt sich aus erfahrenenund jungen Erzieherinnen zusammen. Ich hab noch nie was von internen Problemen mitbekommen. Urlaub und Krankheit werden dank guter Einsatzplanung gut abgedeckt.
Die Erzieherinnen arbeiten wunderbar zusammen, und das spürt man auch. Die Vorbereitung auf die Schule war 1a – die Schulkinder haben sehr sehr viele Ausflüge und Projekte gemacht, z.B. in die Kinderklinik, ins SCP-Fußballstadion, zur Feuerwehr. Zwei Mal im Jahr finden „Waldtage“ statt. Außerdem gibt es abwechselnd jährlich ein Mutter-Kind- oder Papa-Kind-Event.
Meine Freundin berichtete mir aus der alten Kita: Die Leiterin sei inzwischen weggemobbt, am Ende hatten die Eltern eine Unterschriftenliste gestartet um sie loszuwerden. Vorschule finde 1x pro Woche statt, mit Englischunterricht auf Wunsch der Eltern. Der Unterricht findet frontal nachmittags um 15:30h statt, und alle müssen still sitzen, auch der ADHS-verdächtige Sohn meiner Freundin, der es das Herz bricht, aber die keine Alternative haben.
Heute leben wir in einem kleinen Stadtteil. Paderborn ist jetzt nicht so die High Society. Hier leben viele Mittelständler, Handwerker, Angestellte. Ich selbst komme aus einer einfachen Handwerkerfamilie. In unserer Nachbarschaft finden wir alle möglichen Berufsgruppen und auch alle Herkunftsländer – vom kleinen Malocher bei Benteler bis zu meinem ehemaligen Germanistik-Professor, in dessen Vorlesungen ich meist geschlafen habe. Wir haben viele Engländer hier, viele Türken, Russlanddeutsche und weitere. Kurz: Ganz normale Leute. Und ich bin froh und dankbar, dass meine Kinder unter ihnen aufwachsen.
Vielen Dank Sonja, dass du deine Erfahrungen mit uns geteilt hast. Das es sich bei dem Thema Kommunikation um ein schwieriges Unterfangen handelt kann ich leider aus unserem ersten Kita- Jahr auch nur bestätigen. Auch bei uns wird viel über Aushänge und Rundmails ( die leider nicht immer jeder zeitnah liest) kommuniziert, was oftmals mit Tücken verbunden ist. Vielleicht gibt es unter meinen Lesern Mütter die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Wenn ja, wie seid ihr damit umgegangen?