Immer wieder lese ich in letzter Zeit von Müttern wie mich, mit Kindern wie unsere Bella, die mit knapp 2 Jahren kaum oder nur wenig sprechen. Geradezu verzweifelt fragen sie in den sozialen Netzwerken nach dem Sprachstand anderer Kinder im gleichen Alter und lassen sich nach und nach ganz langsam beruhigen wenn sie erfahren , dass es nicht nur diese kleinen Quasselstrippen gibt, die mit 12 Monaten schon das halbe Wörterbuch rezitieren , sondern auch Kinder wie unsere Tochter. Daher hier mal ein kleiner Erfahrungsbericht , der zeigen soll: Ihr seid nicht allein.
Vorletztes Jahr schackerten wir noch in der Familie, dass uns unsere Bella im Sommer bestimmt schon ein Ohr abkauen würde. Der Sommer kam, die Sprache nicht. Mit knapp 2 Jahren sprach Bella lediglich Wörter wie „Mama“ und „Papa“ oder „Butter“. Dazu kamen in den vergangenen Wochen zahlreiche Tiergeräusche und viele Wörter die sehr unverständlich ausgesprochen werden. Da ist zum Beispiel „Tatze“ für „Katze“ oder „Mus“ für Maus. „Nanny“ ist die Oma und „Butter“ nicht nur das Essen sondern eben auch unser Hund. Auch auf dem Fragebogen zur Sprache bei der U7 im Sommer konnte ich kaum Wörter ankreuzen, aber der Kinderarzt versicherte uns, dass wir uns mit knapp 2 Jahren noch keine Sorgen machen müssen. Erst wenn Bella mit 3 Jahren immer noch so wenig wie jetzt reden würde bestünde ein Grund zur Sorge. Außerdem bestätigte er auf Nachfragen , dass sprachliche Veranlagung auch oftmals vererbt wird, -aha vielleicht war Bella also ebenso wie der Papa ein „Late Talker„.
Hier kurz einige beruhigende Fakten zu diesem Begriff:
Als Late Talker («späte Sprecher») bezeichnet man Kinder zwischen dem 1. und 3. Lebensjahr mit einer deutlich verlangsamten Sprachentwicklung. Dies betrifft ca. 10-20% der Kinder. Hierbei liegen keine organische Ursachen (z.B. Hörstörungen) vor. – Ihr seht also, Eure Kinder sind nicht die einzigen
Etwa die Hälfte aller Late Talker kann den Rückstand im Spracherwerb bis zu ihrem 3. Lebensjahr aufholen. Super, es besteht also defitniv noch Hoffnung
Quelle :https://www.birgit-lange.de/therapie/sprach_schrift_erwerbsstoerungen/late_talker.html
Woran erkenne ich eine Sprachverzögerung wirklich?
Sprachentwicklungsverzögerungen sind also nicht selten. Sie treten bei ungefähr 18% der Zweijährigen auf und sind durch folgenden Symptome geprägt:
Später Sprachbeginn: Kinder sprechen meistens erst mit 18 Monaten oder später ihre ersten Wörter.
Langsame Wortschatzentwicklung im weiteren Verlauf: Mit 24 Monaten liegt der Wortschatz noch unter der bedeutsamen Marke von 50, mit 3 Jahren unter 100 Wörtern.
Langsame Grammatikentwicklung: Mit 2 Jahre sprechen die Kinder noch keine Wortkombinationen in Form von Zweiwortsätzen.- Und was soll ich sagen mit knapp 28 Monaten spricht Bella inzwischen sogar 2 und 3- Wortsätze
Quelle: http://www.logopaedie-duesseldorf.org/late-talker-gruende-ursachen-sprachfoerderung/
Dennoch ist ein früher ärztlicher Besuch zum Beispiel bei einem HNO nicht nur meiner Meinung nach empfehlenswert. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, wie ihr gleich lesen könnt:
Klar fing auch ich irgendwann an mich zu sorgen, weil ich eben auch nur die gleichaltrigen Kinder kannte, die bereits ganze Sätze von sich gaben und regelrecht kleine Unterhaltungen mit Ihren Eltern führten. Das ganze wurde nicht unbedingt besser, als das wenige Sprechen unserer Tochter im Kindergarten im Entwicklungsgespräch thematisiert wurde. Dort hiess es , man hätte den Eindruck das Bella auf Grund eines schlechten Hörvermögens nicht richtig sprechen würde. Noch am gleichen Tag informierte ich mich über einen HNO für unsere Tochter und vereinbarte am nächsten Tag schon einen Termin. Dieser Termin änderte dann doch so einiges und ließ mich ruhiger werden, deswegen möchte ich euch ganz kurz davon erzählen.
Zu Beginn fragte uns der Arzt weswegen wir zu ihm in seine Praxis gekommen seien. ich berichtete ihm von unserem Entwicklungsgespräch im Kindergarten worauf hin er uns anschaute und mich fragte wie alt Isabella eigentlich sei. Ich antworte , dass sie gerade 2 Jahre alt geworden wäre , er schaute etwas irritiert, rollte tatsächlich leicht mit den Augen und sagte “ Naja in dem Alter müssen die Kinder aber auch noch nicht viel reden“. Und ich dachte nur „Danke lieber Doktor für diesen Satz. Danke“. Er schaute sich die Ohren an und sagte dass so schon mal alles gut aussehen würde. Der anschließende Hörtest ergab dann auch keine Auffälligkeiten und wir bekamen sogar ein Attest auf dem Vermerkt wurde, dass bei Isabella keine Hördefizite vorliegen würden. Seit diesem Arztbesuch bin ich wirklich ruhiger und entspannter geworden was das Thema sprachliche Kompetenz angeht und im Nachhinein bin ich immer noch leicht verärgert weil ich mich vom Eindruck der Erzieherinnen so habe mitnehmen lassen. (Versteht mich bitte nicht falsch, ich weiß es zu schätzen, dass man sich in der Kita um unsere Tochter sorgt, aber als ich einige Wochen nach dem erwähnten Entwicklungsgespräch von eben jener Erzieherin die damals meinte „Ich glaube Isabella hört nicht richtig, so als ob sie unter Wasser wäre und deswegen spricht sie nicht so viel“ den Satz „Mit Isabellas Gehör ist ja alles in Ordnung“ vernahm, dachte ich ausnahmsweise mal ICH höre nicht richtig.)
Eine Anekdote von meiner Oma trug weiter dazu bei mich zu beruhigen und meine Sorgen kleiner werden zu lassen. Sie erzählte wie sie damals mit Ihrem Sohn zur Logopädin ging, weil er ebenfalls spät zu sprechen anfing und nur wenige Wörter und Sätze von sich gab. Die Schuleingangsuntersuchung stand damals an und dort schickt man sie mit Ihrem Sohn zum Facharzt. „Mit Ihrem Sohn ist alles in Ordnung“ sagte die Ärztin “ Er kann sprechen, will es aber nicht“. Diese Sätze schallen in den letzten Tagen immer wieder in mir nach, weil ich einen ähnlichen Eindruck bei unserer Tochter habe. Ich weiss das sie uns versteht und manchmal gibt es Momente wie gestern als sie ich auf meinem Schoss ein Buch anschaut und urplötzlich „Haus“ sagt. Während ich noch denke ich hätte mich verhört folge ich dem Finger meiner Tochter und stelle fest , dass sie auf die Zeichnung eines Hauses zeigt. Auf Nachfrage , was sie da gerade gesagt hat kommt natürlich ein eisiges Schweigen. Ähnliche Erfahrungen haben wir mit Wörtern wie Oma und Opa gemacht. Diese wurden einmal ausgesprochen und dann nie wieder.
Inzwischen sind die ersten Tage in diesem neuen Jahr ins Land gezogen und inzwischen weiss ich, dass Bella nicht zu den „Late Talkern“ gehört. Sie spricht permanent Dreiwortsätze und nach und nach kommen neue Wörter zu Ihrem Wortschatz hinzu. Lange habe ich mich von meinem sozialen Umfeld verunsichern lassen , auch wenn ich immer wieder hörte und mir bewusst machte, dass ein Kind welches sprachliche Defitzite aufweist sicherlich auf anderen Gebieten gut oder eben „besser“ ist als gleichaltrige. Immerhin machte Bella mit 9 Monaten Ihre ersten Schritte und lief bevor sie 1 Jahr alt war. Kinder suchen sich Ihre Begabungen und Fähigkeiten aus. Natürlich können wir sie dabei unterstützen, aber wir können es nicht massiv ändern – und das sollten wir auch nicht. Als Elternteil ist es nicht immer leicht auf seine eigenen Instinkte zu vertrauen , tatsächlich scheint es mir so, als seinen diese in meiner Generation stark verkommen . Wir lassen uns durch die Informationsflut der neuen Medien verunsichern und vergessen dabei das wesentliche: Jedes Kind ist einzigartig und individuell, wobei jedes Kind seine ganz eigenen ausgeprägten Eigenschaften hat. Daher auch mein einziger Vorsatz für das Neue Jahr : „gelassener werden“.
Habt ihr ähnliche Erfahrungen in Eurem Umfeld gemacht? Ging es Euch in einer anderen Hinsicht ähnlich wie uns mit der Sprache?