Was ein Sternengeburtstag ist wissen vor allem Sterneneltern und deren Familien sowie Angehörige. Was nach einem wunderschönen Ereignis klingt, ist ein Euphemismus für den Todestag eines Kindes, verstorben noch im Mutterleib oder kurz nach der Geburt. Nach dem schmerzhaften Verlust des eigenes Kindes ist es nur natürlich , dass man für diesen Tag eine beschönigende Umschreibung sucht. Auch wenn oftmals Jahre vergangen sind, brechen an diesem Tag die Gefühle aufs neue wieder über einen herein. Mir kommt es vor als sei es gestern gewesen….
Am 02.12.2o14 erfuhren der Herzmann und ich, dass unser erstes Kind verstorben war. Nach stundenlangen warten im Krankenhaus, direkt vor dem Kreissaal, wo schwangere Frauen an diesem Abend Schlange zu stehen schienen, hatte endlich eine Ärztin für uns Zeit. Ich versuchte mir nicht allzu viele Sorgen zu machen. Tatsächlich alberten wir während der Wartezeit noch rum und machten Witzen und Zukunftspläne. Oft hatte ich von Blutungen in der Frühschwangerschaft gelesen, und da ich kein frisches Blut verlor (von dem behauptet wurde, es wäre ein schlechteres Zeichen als altes Blut. Kurze Zeit später sollte sich dies für uns dann allerdings als fataler Irrtum herausstellen), rechnete ich nicht mit dem schlimmsten. Ich werde nie diese Momente vergessen: Die Ärztin sagte noch zum Herzmann „Ihr Mann kann ruhig mit auf den Monitor schauen“, doch schon als ich das erste Bild auf dem Monitor sah, und noch bevor die Ärztin die Worte sagen konnten , die mein Herz in tausend Stücke zerspringen lies, sah ich das dort wo der Herzschlag sein sollte kein einziges noch so zartes pulsieren zu sehen war.
Wenn mich heute jemand fragt, welche Worte mein Herz brachen, dann denke ich nicht an längst vergangene Jugendlieben, Teenagerherzschmerzen oder junge Mädchenträume zurück. Nein , ich denke an den Abend des 02. Dezembers zurück an dem eine Ärztin in einem Kölner Krankenhaus zu mir sagte „Ich sehe kein Herzschlag mehr“.
Am nächsten Morgen sollte ich zu meiner Frauenärztin gehen , wie wichtig diese Entscheidung für mein späteres Seelenheil gewesen ist, ahnte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. (Das Gespräch mit Ihr ersparte mir eine Ausschabung und ermöglichte es mir unser Sternenkind Sascha auf natürlichen Wege zu verlieren. Im Nachhinein erfuhr ich von vielen Frauen, die anders als ich keine Wahl hatten zwischen einem natürlichen Abgang und einer Ausschabung, einen natürlichen Vorgang aber dem medizinischen Eingriff auf der Gynäkologie eines Krankenhauses vorgezogen hätten. Es ist schon irgendwie abartig und masochistisch, dass Ausschabungen direkt dort durchgeführt werden, wo neues Leben geboren wird. Auch ich kam einige Zeit später noch in den „Genuss“ Nachts das Geschrei frischgeborener Babys auf der Gynäkologie ertragen zu müssen).
Wir fuhren nach dieser Schocknachricht nach Hause , völlig aufgelöst und schmerzerfüllt und so komisch es klingen mag, bestellten uns eine Pizza. Seit diesem Tag denke ich jedes Mal beim essen einer Pizza an diesen Abend zurück. Erinnerungen brennen sich so tief in unsere Seele ein, diese Tatsache fasziniert und erschreckt mich heutzutage immer noch sehr.
Heute ist es also genau 1 Jahr her, dass unser erstes Wunschkind zu den Sternen gereist ist. Tatsächlich wäre es nun 5 Monate alt, wenn alles gut gegangen wäre. Auch wenn der Sternengeburtstag nicht mitten in der Adventszeit liegen würde, wäre es schwer genug diesen Tag zu überstehen. Die Wut und die Traurigkeit, die mit der Zeit schwächer geworden sind, bahnen sich wieder einen Weg an die Oberfläche. Der Tag begann noch im Bett mit Tränen, und genauso wird er enden. Ich denke an die Nacht zurück in der ich weinend im Bett lag und zum Herzmann unter Tränen sagte „Ich will mein Baby zurück“. Und genau diese Worte denke ich immer und immer wieder. Kein anderes Kind wird Sascha, oder Henry (unser zweites Sternenkind) ersetzen. Wir wollten genau diese Kinder haben, doch sie wurden uns genommen, bevor wir sie kennen lernen durften. „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ ( Wie sinnbildlich dieser Buchtitel noch für mein eigenes Leben werden sollte habe ich vor 1 Jahr noch nicht ahnen können).
Gerne hätte ich am ersten Sternengeburtstag unseres Sascha etwas Besonderes gemacht um mich an die kurze Zeit die ich ihn unter meinem Herzen tragen durfte , zu erinnern. Ich hoffe er ist mir nicht böse, das mir dieses Jahr einfach die Kraft dazu fehlte. Nun wo ich die Gewissheit habe , dass er diesen Tag mit seinem Geschwisterchen verbringen wird. Ich hoffe an einem Ort, wo die Seele frei und glücklich ist. Das ist meine Hoffnung, mein Trost.
Alles Liebe kleiner Schatz!
Ich habe es nicht über mich gebracht vor Deinem und Henrys Sternengeburtstag die Weihnachtsdekoration zu arrangieren. Dieses Jahr , und wie alle noch kommenden Jahre werde ich damit warten bis ich Euch beiden zu Euren Sternengeburtstagen gratuliert habe. Ihr seid allgegenwärtig