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Das Nachtfräuleinspiel [Rezension]

Erscheinungsdatum: 22. Juni 2018
ISBN: 9783- 3423261999
Autor : Anja Jonulet
Verlag: dtv 
Format: Taschenbuch/15,90€
Seiten: 496


KLAPPENTEXT

Diesen »Schmutzigen Donnerstag« wird die 16-jährige Annamaria niemals vergessen: Ein harmloser Faschingsbrauch wird dem jungen Mädchen zum Verhängnis. Doch was Annamaria – die nach dem frühen Tod der Eltern bei einer nachlässigen und lieblosen Pflegemutter lebt – passiert ist, will keiner glauben. Ihr Schicksal scheint sich zu wenden, als sie im »Haus der glücklichen Familie« aufgenommen wird. Sie schöpft neue Hoffnung, denn vom Leben in dieser Bilderbuchfamilie hat sie immer geträumt. Dort herrscht Übermutter Liane, die alles perfekt im Griff zu haben scheint, strenge Regeln vorgibt und eine Karriere als Erziehungsberaterin macht. Doch ist Lianes Familienleben wirklich so makellos?

 


MEINUNG

Seit langem hat mich ein Klappentext mal wieder neugierig auf den Inhalt eines Buches gemacht, ohne das ich die Autorin vorher kannte. Ohne allzu viel von dem Inhalt des Buches zu verraten, aber doch genug um es lesen zu wollen.


Schon das Cover lässt erahnen, dass die Geschichte zum Teil in den späten 60er Jahren spielt. Zu Beginn finden wir uns aber im Jahr 2017, in der die inzwischen gealterte Liane van der Berg einen Brief erhält, der einen Bogen in Ihre eigene Vergangenheit schlägt. Der Roman umfasst fast 50 jahre und abwechselnd wird aus dem Leben von Liane und der jüngeren Annamaria erzählt. Dabei gibt es mehrere Zeitebenen, und das Leben beider Frauen scheint auf schicksalhafte Weise miteinander verknüpft. Ich persönlich mag Romane in denen dem Leser eine erhöhte Aufmerksamkeit auf Grund verschiedener Erzählperspektiven und Handlungsstränge abverlangt wird. Bis nahezu zum Schluss bleibt ein hohes Maß an Spannung erhalten und erst auf den letzten Seiten wird die ganze Tragweite eines Verrates sichtbar, der sich vor Jahrzehnten zwischen den beiden Frauen zugetragen hat.


Nach und nach wird nicht nur Annamaria, sondern auch dem Leser bewusst wie manipulativ und egoistisch die scheinbar perfekte Hausfrau, Mutter und Karrierefrau Liane tatsächlich ist. Dabei macht sie weder halt vor der eigenen Familie, noch vor Freunden und Bekannten. Zunächst scheint es so, als sei sie den Erziehungsansätzen der 60er Jahre weit voraus .( Ich fand es sehr interessant mehr darüber zu erfahren, welche Erziehungsansätze und -ansichten in dieser Zeit vertreten wurden. ] Doch schon bald wird klar, dass Liane sich ein perfektes Lügenkonstrukt aufgebaut hat, in dem sie der eigenen Meinung nach alles dafür tut ihren Kindern eine gute Mutter zu sein und dies nach außen auch zu zeigen. Ein aktuelles Thema, wenn man bedenkt wie viele Frauen sich als Mutter dem gesellschaftlichen Druck ausgesetzt fühlen, sowohl zuhause als auch auf Arbeit perfekt funktionieren zu müssen. Dennoch ist Lianes Verhalten , ihr Handeln und tun, in keinster weise damit zu entschuldigen. Nach einigen für meinen Geschmack etwas zu langatmigen Seiten wird es zum Ende des Buches noch einmal spannend. Auch wenn sich die Lösung um die mysteriösen Briefe schon sehr frühzeitig abzeichnet, bleibt es doch bis zum Schluss spannend.


Die Entwicklung von Liane als Mensch und Person fand ich erschreckend und faszinierend zugleich. Es wird sichtbar wie leicht und in welchem Umfang man sich in Personen täuschen kann, die man fälschlicherweise zu kennen glaubt. Die Liane der 60er Jahre hat in nahezu keiner Weise mehr etwas mit der Liane der späten 80er und 90er Jahre zu tun. Ihr selbst scheint dies aber am wenigsten bewusst zu sein, so dass sie sich am Ende Ihres Lebens mit einigen Überraschungen in ihrem persönlichen Umfeld konfrontiert sieht. Die menschlichen Abgründe in die wir hier nach und nach hinein tauchen machen fassungslos.

Mein Fazit

Der Autorin ist ein spannender und hochbrisanter Roman gelungen, der zum Ende hin jedoch einige Längen aufweist. Für mich als Mutter ist es interessant gewesen zu erfahren welche Erziehungsansätze es in den vorangegangenen Generationen gab und wie diese damals und heute aufgefasst wurden. 


WERTUNG

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Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar

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